Mehr Zeit für sich. Kontemplation. Den Körper und den Geist verwöhnen. Wünschen wir uns das nicht alle gelegentlich? Joshua und Gustav jedenfalls hatten sich dazu entschlossen, nach Bad Essen (wer kennt es nicht?) zu fahren. Aber, oh Wunder, es wurde kein Lustwandeln in gesundheitsfördernder Luft, sondern echte Arbeit auf dem Rad. 

Bei zartem Nieselregen führte der Parcours direkt neben der Schule über das zugehörige Basketballfeld, einen asphaltierten Platz, eine lange Bankette mit fröhlichen roten Pflastersteinen, eine kleine Sandgrube und schließlich auf dem Gras um den Sportplatz herum und dann hinein in selbigen und eine Runde auf der Tartanbahn – wer so etwas auf Kasseler Sportstätten auch nur ins Auge fassen würde, würde wahrscheinlich mit Stadtverbot bis ans Lebensende bestraft werden, mindestens. Zurück aber zur Strecke: Die entpuppte sich als wirklich schwierig zu fahren. Seifig auf den Steinen und dem Asphalt und zahlreiche Tragepassagen rund um den Sportplatz. Entsprechend langsam die Geschwindigkeiten. 

Verkehrte Welt bei den Starts. Zuerst war Joshua in der U19 zusammen mit den Elite-Männern am Start, als Letztes dann Gustav in der U17 mit den Masters 2 im Gepäck. Zum Glück für alle U19er fanden sich doch noch ausreichend Teilnehmer am Start ein; das Meldeergebnis war noch alles andere als vielversprechend. Joshua konnte schon vor dem Start seinen Teamkameraden im kommenden Jahr, Tom Wendel aus Unna, begrüßen und dann ging es los. Die beiden hatten sofort den Schalter umgelegt und zogen los, Joshua anfangs immer im Nacken von Tom. In Runde drei leistete sich Joshua aber einen Ausflug in den Matsch, die Lücke ging auf und er musste mehr investieren, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Dann kam es noch dicker. Gerade auf der Geraden, auf der man richtig ballern konnte, flog der Boa-Verschluss vom Schuh ab. Es folgte ein längeres Gefummel am Schuh und Tom war weg. Wenig später noch die Krönung des Tages: „Ich habe einen Platten“, rief es und Gustav musste seine Rennvorbereitung überdenken und schnell sein Rad für Joshua in die Wechselzone bringen. Hä? Kein Reserverad? Das hatte Joshua mal besser zu Hause gelassen, denn vom vergangenen Rennen hatte es noch einen Plattfuß und war noch nicht wieder einsatzbereit. Tolle Sache, Roman stand am Rand und dem schoss der Blutdruck leicht nach oben. Immerhin kam Joshua damit ins Ziel ohne weitere Pannen und fuhr einen schicken zweiten Platz ein. Ab aufs Podium und Applaus.

Nun aber ganz flott und das eingematschte Rad für Gustav wieder frisch machen. Immerhin das klappte und Gustav konnte nach seinem Laufprogramm noch ausreichend kleine Runden auf dem Rad vor dem Start drehen. Den Blutdruck wieder im Griff, konnte Roman jetzt Gustav verfolgen. Hinter den Masters 2 aufgestellt, ging es für die U17 darum, auf der Tartanbahn Plätze gutzumachen, bevor ein Überholen so schnell nicht mehr möglich war. Ausgezeichnet erkannt von Gustav, noch besser von Tim Coenen aus Herford. Der flog an allen Männern vorbei als Erster in den engen Trail. Gustav reihte sich auf Platz drei hinter Tom und einem Mastersfahrer ein. „Jetzt vorbei, der bremst nur“ – diese laute Aufforderung konnte Gustav nach einem ersten vergeblichen Versuch umsetzen – auch Dank des einsichtigen führenden Mastersfahrers – und es ging auf die Verfolgung.

Blöde bei solchen Aufholjagden, dass man immer schneller fahren muss als der Verfolgte. In der Folge lag Gustav einfach einige Male zu viel auf dem Boden. Dazu kam, dass Tim Coenen Passagen fuhr, die Gustav nur laufend bewältigen konnte. Immerhin prima, dass er das mit dem Laufen richtig gut kann. Im Ziel ein wirklich guter zweiter Platz und die Erkenntnis, dass Tim Coenen technisch einfach besser war (ist dazu aber auch ein Jahr älter).

Was bleibt am Tagesende? Betrachtet man die blanke Leistung, dann müssen sich weder Joshua noch Gustav in seiner ersten U17-Saison verstecken. Tolle Starts, jede Menge Druck auf den Pedalen, das passt. Technisch aber sieht man, dass Cross für beide nicht die Priorität hat und sie sich auf dem Renner einfach einen Tick wohler fühlen. Das ist aber gar kein Beinbruch, denn unsere gesamte CX-Saison ist darauf ausgerichtet, dass unsere Jungs und Mädels lernen, ihre Maschinen besser zu beherrschen und auch mit widrigsten Untergründen zurechtzukommen. Das wiederum ist im Frühjahr auf dem RR dann der große Pluspunkt. Und: Spaß macht’s schließlich allen.

PS: Super professionell mittlerweile von beiden: die Vorbereitung. Alle Räder gehen top gepflegt und gewartet in die Rennen, die Nahrungsaufnahme ist durchgeplant, die Strecke und die Gegner sind im Blick und das Aufwärmprogramm sitzt ohne weitere Ansprache. So fährt Roman die Kids gerne zu den Rennen. Und: gute Orga, schönes Rennen, danke RRG Osnabrück.