60 Jahre Zweirad-Gemeinschaft Kassel 60 Jahre – eine lange Zeit, auf die die Zweirad-Gemeinschaft nun zurückblicken kann. Anlass für die Gründung im Jahr 1956 waren Querelen im damaligen Radfahrerverein 1899 Kassel-Rothenditmold; diese veranlassten die beiden engagierten Mitglieder Bruno Rosenberger und Albert Goßmann den Verein zu verlassen, und am 14. Januar 1956 mit weiteren 50 Personen im Lokal »Braustüberl« in der Kasseler Nordstadt einen neuen Verein ins Leben zu rufen. Die neue Gemeinschaft hatte sich drei Punkte zur Aufgabe gemacht: Sie wollte den Rennsport, insbesondere auch auf der Bahn, fördern, sich dem Rad- und Mopedwandern widmen und für den Radwegebau einsetzen. Keineswegs wollte sie jedoch als Konkurrent gegenüber den anderen Vereinen angesehen werden.
Aber es gab Probleme: Alle damaligen Kasseler Radsportvereine sprachen sich gegen die Gründung aus, und auch der Bezirk machte dem neuen Verein viele Schwierigkeiten. Der Höhepunkt: Sonntag, der 15. April 1956. Beim damaligen Bezirkseröffnungsrennen wurde den Fahrern Reinhard Arend, Helmut Kessner und Dieter Noll – sie waren vom RV 1899 gewechselt – der Start verweigert; man ließ sie nur außer Konkurrenz mitfahren. Insider sind der Meinung, dieser Zwiespalt zieht sich bis in die heutige Zeit hin…
Aber die Macher der Zweirad-Gemeinschaft ließen sich nicht beirren, sie gaben in der Folgezeit dem heimischen Radsport neue Impulse. Bereits zwei Jahre nach der Gründung, also im Jahr 1958, wurde mit großem Erfolg auf dem Kurs »Rund um die Marohenmühle« die Deutsche Meisterschaft der Amateure durchgeführt. Bereits ein Jahr später folgte der Fichtel & Sachs-Preis für Berufsfahrer mit allen derzeitigen Deutschen Assen. Im gleichen Jahr fand auf der inzwischen wieder mobil gemachten Betonbahn in Rothenditmold ein Vorlauf für die Deutsche Meisterschaft im 100-km-Mannschaftsfahren statt. Aber nicht nur auf der Straße war man aktiv, so wurde 1970 am Kasseler Hegelsberg auch die deutsche Meisterschaft im Querfeldeinfahren ausgetragen. Auf Bezirks- und Landesebene wurden Meisterschaften organisiert, jahrelange Rundstreckenrennen wie »Rund um die Goethe-Anlage«, »Rund um das Belgische Dorf«, Rennen in Melsungen, Hofgeismar und im Königstor in Kassel demonstrierten die Vormachtstellung der Zweirad-Gemeinschaft in puncto Durchführung von Veranstaltungen in Nordhessen.
Als Ende der 1970er-Jahre das Radtourenfahren in Mode kam, waren die Fahrer der ZG 1985 der Vorreiter für die erste Fahrt im Bezirk Kassel, mittlerweile findet in diesem Jahr die 34. Auflage der »Reinhardswald Rundfahrt« statt. Aber es wurde nicht nur organisiert, es wurde auch gefahren. Gleich nach der Gründung war die Zweirad-Gemeinschaft Magnet für namhafte Fahrer aus der Region. Mit Reinhard Arend, Willi Huy, Heinz Dung, Harald Sutter, Harald Schneider und den Gebrüdern Born und Bornmann sind nur einige zu nennen, die bundesweit für Erfolge sorgten. Aus den eigenen Reihen wurden etwa Thomas Arend, Bernd Schmelz, Klaus Siemon und später Axel Hauschke, Markus Koob und Roman Kuntschik an den Radsport herangeführt.
Stellt sich zum Schluss nun die Frage: Wie sieht es heute nach 60 Jahren im Radsport aus? Die Zeiten haben sich geändert und es ist dabei nicht alles besser geworden. Die Älteren können noch den Vergleich zwischen gestern und heute ziehen, die heutige Generation kennt nur den aktuellen Stand. So sind Veranstaltungen wie etwa reine Straßenrennen längst passee; einen geeigneten Rundkurs in der Stadt Kassel sucht man vergebens. Man muss auf das Land ausweichen, abseits von der Aufmerksamkeit und der Zuschauer. Zwei mal war Calden der Austragungsort des ZG-Rennens, in diesem Jahr war Immenhausen an der Reihe. Ähnlich schwierig sieht es im Aktivenbereich aus – derzeit kocht man auf Sparflamme, Hoffnung aber kommt auf bei einer seit Kurzem stark steigenden Anzahl von Jugendlichen. Vielleicht können sie einmal die derzeitige Lücke im Rennsport schließen? Und noch eins: Zum 50. Jubiläum fuhren wir mit dem Dampfer auf der Fulda, das fand Anklang. Und 10 Jahre später fahren wir wieder mit dem Dampfer. Viel Vergnügen.
Euer Werner Schmidt